Kajakreise durch das Seengebiet des Dalsland KanalsSchweden 2020Vom 23. August bis zum 10. September © Text und Bilder Klaus Goerschel
Im Sommer 2020 flachte die Covid 19 Pandemie fast überall in Europa ab. Da mich das Fernweh mal wieder über die Grenzen hinaus trieb, entschloss ich mich Ende August 2020 zu einer Kajaktour in Schweden, einer Gegend von der ich sicher wusste, dass hier wegen der Einsamkeit Quarantänebedingungen herrschten. Die Anreise war wie üblich: auf der Autobahn bis Rostock, mit der Fähre nach Trelleborg und dann nach Dalsland. Das hieß, erst Autobahn bis Göteborg und dann auf der E45 bis Mellerud, einer meist einspurigen Europastraße mit Radarfallen fast in jedem 10 Seelendorf. Stoisch halte ich mich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen.
Das Gebiet um den Dalsland-Kanal ist eine von der Eiszeit geformte Landschaft im südlichen Mittelschweden mit langen fjordartigen Seen, einer zerklüfteten Steinküste und kargen Nadel-Wäldern auf abgeschliffenem Fels. Dalsland Kanal, die Bezeichnung ist vielleicht ein wenig irreführend, denn man versteht darunter eine Vielzahl von Seen, die durch Kanäle verbunden sind. Vor ca. 140 Jahren wurde der Handel und Transport von Eisenerzen und Holz mit Lastkähnen ermöglicht. Heute ist das Seengebiet Dalsland mit seinen Kanälen ein wunderschönes Naturparadies und Eldorado für Wasserwanderer mit dem Kanu oder dem Kajak.
Schon vor 12 Jahren hatte ich unweit von dieser Stelle nahe der Kleinstadt Ed im südlichsten Zipfel des Stora Sees gestanden und sehnsüchtig über das Wasser in die Ferne nach Norden geschaut. Der See lag so friedlich von dunklen Wäldern umgeben vor mir. Es war hier so unendlich einsam, dass ich es nie vergessen habe. Mein California war vollgepackt mit einem Klepper Faltboot Langeiner, sowie Zelt- und Schlafausrüstung, Topf und Gaskocher, Müsli und Tütensuppen, aber auch mit Wechselwäsche und warmer Kleidung für kühle Herbsttage. Ich kannte Schweden, um diese Jahreszeit konnte es sommerlich warm sein, aber die Nächte konnten auch ziemlich frisch werden. Am Dienstag, den 25. August quartierte ich mich in der Nähe einer kleinen Marina auf einem 20 EUR teuren Stellplatz für eine Nacht ein. War in Ordnung, denn es gab hier in der Nähe ein kleines Toilettenhäuschen mit Duschgelegenheit. Im Gegensatz zum Sommer, wo es hier von Kanuten wimmelt, lag der See um diese Jahreszeit einsam und still vor mir. Auch Radwandern kann man hier ganz vorzüglich.
Am nächsten Tag fuhr ich zur Kanuverleihstation, in unmittelbaren Nähe zur Marina und bat den Chef, mein Faltboot hier aufbauen zu dürfen. Klar doch, da sagt ein Schwede nicht "Nein".
Ob er nun gleich gemeint hatte, dass ich mich mit dem Auto und Sack und Pack auf dem Platz breit machen konnte, lasse ich mal dahin gestellt sein. Jedenfalls richtete ich mich für diesen Tag häuslich ein, machte es mir unter der Markise gemütlich, kochte meine Nudelsuppe und baute in aller Ruhe mein Faltboot auf.
Gegen 17 Uhr hatte ich meine gesamte Ausrüstung im Faltboot verpackt. Man muss sagen, zur großen Überraschung eines jungen Pärchens, denen ich schon auf der Fähre unbekannterweise begegnet war. Sie hatten sich ein Polly-Boot geliehen, versuchten sogar die Wasserflaschen "on" Deck zu befestigen und staunten, was bei meinem Boot alles im Innern verschwand. Gegen 17.30 Uhr karrte ich das Boot mit einem kleinen Wägelchen zum Anlegesteg hinunter. Obwohl es für den Beginn meiner Reise auf dem See schon ziemlich spät war, gab es für mich kein Halten mehr. Das Auto stellte ich hier bewacht unter, verabschiedete mich vom Chef der Verleihstation und paddelte von großer Sehnsucht getrieben endlich los, wohl wissend , dass es hier nicht einfach ist, bei Dunkelheit einen Zeltplatz zu finden. Eine feierliche Stille umgab mich. Es war ein warmer friedlicher Abend. Ich war glücklich auf Tour zu sein.
Ich paddelte in der Nähe des Ostufers, um noch vor Einbruch der Dunkelheit eine kleine flache Stelle zum Zelten zu entdecken. Mehrfach landete ich an, fand aber kein geeignetes Plätzchen, obwohl ich mit fortschreitender Dämmerung zu immer größeren Kompromissen bereit war, wie steiniger Strand, abfallende Liegefläche oder durchwurzelte Böden. Dann überrascht mich ein seltsamer Anblick. Eine weiße Bank leuchtete im Abendsonnenlicht oben auf einer Klippe. Seltsam, wie kommt da eine Bank hin? Ich war neugierig und fasziniert und bog sofort in eine kleine unscheinbare Bucht ein. Sie war von allen Seiten von steilen Felsklippen umgeben.
Ich legte an dem unwirtlichen Strand aus Steinen an und stieg einen versteckten Steig im Fels in die Höhe hinauf. Ja, sieh einer an. Nicht weit von der geheimnisvollen Bank entfernt breitete sich eine kleine moosbewachsene Lichtung aus. Ich zögerte nicht lange und schleppte Zelt und Ausrüstung in einigen Gängen den Fels hinauf.
Nachdem ich alles für die Nacht aufgebaut und hergerichtet hatte, schlug ich eine Decke um mich, setzte mich auf meinen Campingstuhl und genoss die untergehende Sonne und den abendlichen Frieden.
Sonnenuntergang an einem skandinavischen See. Davon hatte ich schon seit langem geträumt.
Die Nacht war sehr frisch, höchstens 4° C. Trotzdem gut geschlafen! 7 Uhr in der Frühe koche ich mir erst einmal einen heißen Kaffee und warte auf die ersten Sonnenstrahlen.
Mein Boot in der Bucht. Alles ok. Ein bisschen höher auf den Strand hätte ich es schon ziehen können.
Neugierig erkundete ich das Land hinter mir und entdeckte auf der Anhöhe ein wunderschön gelegenes Ferienhaus.
Nass von meinem Gang durch Wiesen und Farne machte ich es mir bei meinem Zelt bequem und wärmte mich in den ersten Strahlen der Sonne.
13 Uhr hatte ich schließlich alles verpackt, löste mich aus der Bucht und paddelte auf den See hinaus. Ein frischer klarer Morgen, denn die Sonne blinzelte nur ab und zu hinter den Wolken hervor.
Ein wenig Sorge machten mir die dicken Wolkenbänke, denen ich durchaus einen Regenschauer zutraute.
Als ich am rechten Ufer auf Höhe der Dano Hütte auf der linken Uferseite war, legte ich nahe einer hohen Felswand eine Pause auf dem Wasser ein. Große gelbe Rosinen und Yoghurt-Müsliriegel waren mein unterwegs Snack.
Gegen 16 Uhr legte ich im Norden der Insel Skotton an. Es hatte Gott sei Dank bis jetzt nicht geregnet, obwohl eine graue Wolkendecke den ganzen See bedeckte. Mich hier für die Nacht einzurichten, schien mir noch zu früh.
Auf dieser Insel gibt es 2 Schutzhütten. Die Hütte, in der 6 bis 8 Kanuten mit Schlafsack schlafen konnten, war nach einer Seite offen, bot aber trotzdem guten Schutz vor Regen. Fast direkt vor der offenen Seite der Hütte gab es eine ummauerte Feuerstelle, mit einfachen Sitzgelegenheiten drum herum.
Irgendwie reizte es mich auch nicht, hier meine Nacht zu verbringen.
So gegen 18 Uhr erreichte ich auf der rechten Seite des Sees einen kleinen Felsvorsprung, auf dem eine hölzerne Tafel steht ohne jeglichen Hinweis oder Beschriftung. Irgend etwas musste hier einmal mitteilenswert gewesen sein. Meine Neugier war geweckt.
In der Hoffnung einen Zeltplatz zu finden paddelte ich um das spitze Kap in eine kleine Bucht. Sie war sehr steinig, trotzdem stieg ich aus, um den Platz zu erkunden.
Es sah nicht schlecht aus. Auf einer Anhöhe gab es für das Zelt einen ebenen Platz.
Ich freute mich riesig über meine Entdeckung, aber nun musste erst mal das Boot aus dem Wasser gezogen und entladen werden und das ganze Gepäck die Anhöhe hinauf geschleppt werden. Das war ziemlich anstrengend. Zum Ausgleich gönnte ich mir eine leckere Nudelpfanne mit Pilzen und Paprikawurst, die ich im Schein der untergehenden Sonne mit großem Heißhunger verspeiste.
Mein Zelt in den letzten Strahlen der Abendsonne. So langsam senkte sich die Nacht hernieder und es wurde kalt. Ich macht mir noch schnell einen heißen Kakao Trunk mit 2 Pinnchen Rum, bevor ich dann gegen 22 Uhr in meinen warmen Schlafsack schlüpfte.
Die Nacht war ruhig und als ich 7 Uhr aufstand, blinzelte die Sonne durch die Wolkenbänke. Ich fühlte mich gut und begann sofort das Zelt abzubauen. Alles musste zum Boot hinunter geschafft werden.
Ich hatte mir redlich ein ausgiebiges Frühstück mit einem großen Pott heißem Kaffee verdient.
Bevor ich allerdings weiter paddelte, erkundete ich noch die Umgebung und genoss den schönen Blick auf den See.
Wie immer war es herrlich in einen neuen Tag aufzubrechen. Der weitgestreckte See und die weißen Haufenwolken, die über ihn hinweg segelten und nicht zuletzt der erfrischend kühle Wind, das alles versetzte mich mal wieder in eine außergewöhnliche Stimmung, in der ich vor lauter Freude den ganzen Corona Kram vergaß.
Mittlerweile musste ich gegen einen scharfen Nordost ankämpfen. Kurz vor 14 Uhr legte ich im Windschatten an einem steilen Felsen an. Ich bestieg die Bergkuppe und setzte mich dort in das weiche Moos eines kleinen Wäldchens.
Ein idealer Platz für ein ausgiebiges Mittagspäuschen.
3 Kilometer paddelte ich gegen kräftigen Seitenwind an, als vor mir ein seltsames gelbes Gefährt auftauchte.
Es entpuppte sich als eine Fähre, die wohl frisch in leuchtendem Gelb angestrichen war.
Mittlerweile blies der Wind kräftiger denn je und drehte leicht auf Südost. Ich kam wunderbar schnell voran, querte die Fährstrecke des Bootes, die hier 2 Straßenenden miteinander verbindet und erreichte gegen 16.30 Uhr die Insel Tronsholmen. Ich legte an einer schräg in die See fallende Klippe an und band das Boot mit 2 Seilen an einem Baum fest. Nach der Karte gibt es hier auch eine Dano-Schutzhütte. Sie war gar nicht zu übersehen, denn 5 junge Leute hatten sich mit allem, was ihnen an Sachen und Tüchern zur Verfügung stand in weitem Umkreis um die Hütte ausgebreitet und lagen nun alle mit ihren Schlafsäcken schön aufgereiht in der Schutzhütte. Ich ging zu ihnen. Sie sagten nichts und sahen mich mit großen Augen fragend an. "Hallo zusammen, ich suche nur einen Zeltplatz auf der Insel" Einer von den jungen Leuten meinte, es stände von ihm noch ein Zelt rum. "Macht nichts, ich geh dann mal."
Also machte ich mich auf den Weg, die Insel zu erkunden.
Es war eine schöne Insel mit einer ziemlich hohen Erhebung. Wie immer sah es mit ebenen Zeltplätzen nicht so gut aus. Das schöne flache Plätzchen auf dieser Kuppe hier mit der schönen Aussicht war mit dem Zelt eines jungen Mannes belegt, der auch in der Hütte schon seinen Schlafsack hatte.
Hier hing auch noch eine Hängematte des jungen Mannes. Ich fragte ihn nach dem Rundgang, ob er mir vielleicht wenigstens dieses Plätzchen auf der Insel überlassen könnte. Er kam sofort mit und baute seine Hängematte ab.
Das Boot auspacken und die ganzen Sachen die schräge Klippe hinauftragen war noch mal ein gutes Stück Arbeit, aber das war ich ja schon gewohnt und so freute ich mich über den schönen Platz mit der herrlichen Sicht über den See.
Leider zeigte mein Handy für Dalsland morgen starken Regen an. Da es mir auf dieser Insel ausnehmend gut gefiel, machte ich mir die Mühe und schleppte mein gelbes Überzelt die Klippe hinauf. "Da kann es regnen was es will, ich bin geschützt." Mit viel Umstand und Sorgfalt baute ich das größere Zelt über mein kleineres Schlafzelt.
Kleine Wanderung über die Insel.
Ich entschied mich einen Ruhetag einzulegen. Morgen nichts packen und schleppen, einfach mal liegenbleiben und den Tag genießen. Ich saß noch lange an meinem Zelt und genoss diesen wunderschöner spätsommerlicher Abend. Erst als es dunkel war wickelte ich mich in den Schlafsack ein und sank selig in das Reich der Träume.
Gegen 8 Uhr morgens war ich auf den Beinen. Nach einer kalten Wäsche in der Bucht, nahm ich ein ausgiebiges Frühstück im Schutz meines großen Zeltes. Allmählich kämpfte sich die Sonne zwischen den Wolken hervor. Der ganze Tag stand mir jetzt zur Verfügung. Als erstes reizte es mich, Preiselbeeren zu sammeln. Ich liebe den bitterlichen Geschmack und war der Überzeugung, dass diese Beeren so etwas wie frisches Obst für mich sind. Deshalb gab es zu Mittag Müslibrei mit Preiselbeeren.
Am Nachmittag probierte ich endlich meinen Hobo Ofen aus.
Ich kochte mein Kaffee-Wasser auf diesem Ofen und war erstaunt wie schnell es sprudelte.
Gegen 19 Uhr gab es eine Überraschung. Das Pärchen, dem ich auf der Fähre begegnet war, paddelte unmittelbar an meiner Insel vorbei. Wir riefen uns ein Hallo zu und ich informierte sie, dass es noch in der Nachbarbucht einen guten Lagerplatz gibt. Später am Abend kamen sie bei mir vorbei und bedankten sich.
Auf der Suche nach Preiselbeeren
Der Mond ist aufgegangen! Wieder ein phantastischer Abend.
6.15 Uhr morgens, Windstille, kleine Wölkchen am blassblauen Himmel und eine glatte See. Ich war wie elektrisiert. Ich hoffte auf einen besonders schönen Tag.
Schnell begann ich das Zelt abzubauen und legte es auf der Klippe sorgfältig zusammen.
Als alle Packsäcke zusammen oben auf der Klippe lagen, brachte ich das Boot ins Wasser und trug die Säcke in aller Vorsicht die Schräge hinunter zum See.
Die See war spiegelblank und nur wenige Wölkchen standen im blauen Himmel.
10 Uhr konnte ich in das Boot einsteigen und ablegen.
Wieder erlebte ich das Besondere und die Freude auf dem Wasser zu paddeln, die Weite der Seen und die wunderbare Stille der Natur zu erleben.
Still glitt ich am steinigen Ufer entlang.
Vorbei an malerischen Felsinseln
Nach mehr als 2 ½ Stunden lockerer Paddelei, vorbei an malerischen Inseln und Ufern, erreichte ich Gruppviksön. Auf der Insel gab es eine Windschutzhütte, die von einer großen Gruppe belegt war. Ich suchte ein windstilles Plätzchen am Ufer und legte mich auf das Moos zu einem kleinen Sonnenbad. Schon bald schlief ich ein und wachte erschrocken auf, als mir dicke Regentropfen ins Gesicht fielen.
Trotz des Regens entschloss ich mich weiter zu paddeln.
Nächstes Ziel ist Grunnerud. Es regnete noch eine Weile, doch ich paddelte unverdrossen weiter, bis es allmählich aufhörte. Doch die dunklen regenschweren Wolken blieben weiter bedrohlich.
Ich erreichte die Insel Trollön, die am Eingang eines Verbindungskanals zum Foxen See liegt, gegen 18.30 Uhr. Schon auf den ersten Blick sah ich viele Alukanus am Ufer liegen. Wegen des starken Regens wollte ich nicht weiter paddeln und versuchte hier einen Zeltplatz zu finden.
Die Suche gestaltete sich schwer. Schon in der Bucht, wo ich angelandet war, stieß ich auf einen Paddler, der es sich in einem grünen Gebüsch bequem gemacht hatte. Er hatte eine Hängematte zwischen 2 kleinen Bäumen befestigt und gegen die Nässe eine einfache Bauplane aufgespannt. Nun hockte er darunter und wartete bis es zu regnen aufgehört hatte.
Jeder möchte einen möglichst weiten Platz um sich herum frei halten. Ich klapperte einen Platz nach dem anderen ab, bis ich am nördlichen Ende der Insel angelangt war. Doch hier hatte ich etwas Glück. Eine Felsplatte, in die kein Zeltnagel eindringen kann, war noch frei.
3 junge Männer aus Düsseldorf waren meine unmittelbaren Nachbarn. Sie schliefen in Hängematten, über die Tarps gespannt waren, die sie gegen den Regen schützten.
Gewaltiges Tarp. Es bedeckte die ganze Hängematte.
Mit einem der jungen Männer freundete ich mich an. Wir fachsimpelten, ob Hängematten oder Zelt, ob Kanu oder Kajak.
Was eignet sich am besten für eine Tour auf den Seen im Dalsland? Zelt oder Hängematte? Ich genoss die Gesellschaft.
Am nächsten Tag: Bei den jungen Leuten nebenan war Aufregung. Einer von ihnen war 2m von der Klippe gestürzt und konnte nicht mehr laufen. Also mussten sie, so erklärte mir mein neuer Freund Hajo, den für 7 Tage geplanten Urlaub nach 2 Tagen abbrechen und einen Arzt aufsuchen.
Herzlicher Abschied!
Gegen 12 Uhr legten die jungen Männer ab. Ich nahm mir noch etwas Zeit und verabschiedete mich 13 Uhr mit einer gewissen Wehmut von dieser schönen Insel.
Das Wetter war phantastisch, der Himmel strahlend blau und es war warm. Ein föhnartiger Wind aus Nord blies mir kräftig entgegen.
Einige Kanupaddler, die auch nach Norden wollten, mussten kämpfen die Richtung zu halten.
Vor allem durch die Engen zwischen den Inseln Brüntorpsön, Hastön und Tullön wehte der Wind kräftig.
Der starke Gegenwind setzte auch mir zu und so machte ich hinter Hastön im Foxensee eine längere Pause.
Ich suchte nach ein paar Preiselbeeren und dann legte ich mich an einer windgeschützten Stelle an einen Stein und genoss die Wärme und die Sonne.
Gegen 17 Uhr erreichte ich eine kleine Bucht. Dort gabe es eine unbewohnte Schutzhütte. Trotzdem entschied ich, mein Zelt aufzubauen und nicht in der halboffenen Hütte zu schlafen.
Moritz machte ein Bild von mir.
Das ist Moritz, der mit seiner Partnerin Emma auch in der Bucht ein Lager gefunden hatte.
So gegen 20 Uhr kam Moritz zu mir und lud mich zu einem Hock am Feuer ein. Wir sprachen über Gott und die Welt. Die Stimmung war großartig. Vollmond, eine sternklare Nacht und Temperatur um Null Grad. Als ich kurz vor sieben Uhr morgens aufstand, lag über dem See eine Nebeldecke.
Mit ein bisschen Glück fotografierte ich auch noch den blutroten Sonnenaufgang.
Eine Stunde später wärmte die Sonne die Luft über dem See und Nebel stieg auf.
Moritz und Emma waren auch schon auf den Beinen. Bei ihnen gab es zum Frühstück Pfannkuchen mit frischen Blaubeeren. Emma gab mir ein Stück zu kosten. Morgens süßer Pfannkuchen, lecker.
Freundlicherweise machte Moritz von den Augenblicken des Abschieds noch ein paar Fotos von mir.
Wir hatten noch viel zu plaudern, sodass ich erst 10.30 Uhr ablegte.
Ich paddelte kräftig nach Norden und kam auch gut voran.
Hinter einer felsigen Landzunge bog ich ca.11.30 Uhr in eine kleine Bucht mit einem Kiesstrand ein.
Hier gefiel es mir gut. Die Wärme und die Abgeschiedenheit luden zum Bade ein.
Anschließend sammelte ich noch ein paar Preiselbeeren bevor ich mich auf einem flachen Waldstück auf meine Picknickdecke legte und die Ruhe und den herrlichen Duft der Kiefern genoss.
Ein idyllischer Ort. Ich war verzaubert.
15.30 Uhr war alles wieder eingepackt und ich legte von diesem idyllischen Ort wieder ab.
Als erstes paddelte ich auf die weiße Kirche von Vagelvik zu.
Immer wieder an wunderschönen Häusern und Gärten vorbei.
Später hielt ich mich rechts, um unter der Straßenbrücke zu queren.
Erst gegen 19 Uhr stieß ich auf einen breiten Sandstrand in dessen äußerster Ecke ich mein Zelt aufbauen konnte. Beim Boot kochte ich mir noch eine Erbsensuppe, schleppte aber dann Zelt und die Schlafutensilien 50 m weiter auf das kleine ebene Plätzchen am anderen Ende des Strandes.
Es dunkelte immer früher und es wurde bereits abends schon merklich kalt. Jetzt wünschte ich, ich hätte meinen dickeren Schlafsack mitgenommen. Aber mit Daunenjacke und einer 2. Dampfsperre kam ich gut durch die Nacht.
Keine Frage, ich wollte so früh wie möglich aufbrechen. Trotzdem gönnte ich mir noch eine heiße Tasse Kaffee.
Die See war spiegelglatt und der Himmel makellos blau, als ich die ersten Häuser von Sandviken, dem Vorort von Töcksfors sah.
Ich näherte mich dem Ort schnell und wusste, dass hier ein Campingplatz lag. Man konnte ihn vom Wasser aus gut erkennen.
Der Strand war sandig und flach und so legte ich 10.30 Uhr problemlos an und zog mein Boot ein Stück auf den Strand. Das war der nördlichste Punkt meiner Reise. Bis hier hin hatte ich, ohne es groß zu merken, von Ed aus ca, 90 Paddel-km zurückgelegt.
Ich quartierte mich sozusagen telefonisch und unter tatkräftiger Unterstützung meiner Visa-Karte in die kleine Hütte ganz links ein. Für Morgen war ein Ruhetag geplant. So wie ich erkennen konnte, war ich wohl der einzige Nutzer dieses Campingplatzes. Duschen, Toiletten und Wäschewaschgelegenheiten nutzte ich als erstes und stellte fest: Funktionen perfekt.
Anschließend machte ich mich ausgehfein und wanderte vorbei an diesem stillen Gewässer in das Stadtzentrum von Töcksfors. In einem Lebensmittelshop eines fast ausgestorbenen Einkaufscenters kaufte ich Kartoffelsalat, Brötchen und einige Stücken Wienerbröd, eine süße Blätterteig-Leckerei, die mit Zuckerguss und Walnüssen garniert war. Zurück in der Hütte, gab es ein feudales Abendbrot mit Tomatensuppe als Entree, Kartoffelsalat als Hauptgang und eine Tasse Kaffee mit Wienerbröd zum Ausklang. Ach, was ging es mir gut.
Blick vom Campingplatz auf die einsame Marina
Ich war mir sicher, hier wohnt bestimmt ein Blumenliebhaber.
Und hier sah ich ihn hinter den Büschen, wie er seine Blumen goss. Je mehr man in Schweden nach Norden kommt, desto unerwarteter sind Blumen und daher immer etwas ganz besonders schönes.
Am Donnestag, den 3. September 9.15 Uhr legte ich bei klarem Wetter vom Strand des Campingplatzes ab. Ab jetzt ging meine Fahrroute nach Süden. Endziel war die Provinzhauptstadt Bengtfors. Bis dahin wollte ich die Schleuse in Lennartsfors und den kleinen Hafen Gustavfors anlaufen. Mit Abstecher und entlang der Küste waren es gut 60 km. Aber die Entfernung spielte keine Rolle, Hauptsache das Wetter blieb insgesamt so schön wie bisher.
Ich war bester Stimmung und erfreute mich an den Inseln und Gärten, an denen ich langsam vorbeiglitt.
Vor mir lag die spiegelglatte See und am Ende die Brücke, unter der ich auch her gekommen war.
Romantische Lage im Wald! Die weiße Kirche von Vagelvik.
Ein tiefer Blick in die Werkstatt der Natur. 11.30 Uhr kam ich an Klippen vorbei, die das Eis der Gletscher in großer Breite abgeschliffen hatte.
Es war ein leichter Wind aufgekommen, aber hier auf den Steinen war es schön warm. Also legte ich eine ausgiebige Vesperpause ein.
Auf der Insel Bärön gab es eine Windschutzhütte und ich hörte schon von weitem, wie die jungen Leute mit großem Geschrei von den Klippen ins Wasser sprangen. Ich paddelte an der Insel vorbei, denn ich wollte noch einige stille Gewässer erkunden.
In der Batstadtsbucht musste ich allerdings die Durchfahrt in den nächsten See länger suchen. Erst nahe einem Ferienhaus, von dem mir junge Leute zuwinkten, fand ich den schmalen Durchgang zum nächsten See.
In diesem Gewässer konnte ich keinen Ausgang erkennen, war aber zuversichtlich einen Kanal zum nächsten See zu finden.
Seerosenfelder tauchten auf je mehr ich mich dem Ufer näherte.
Und dann war Schluss. Ich stieg aus und schaute mir die Bescherung genauer an. Hier gab es keine Durchfahrt. Ich hätte 500 m umtragen müssen, wenn ich wie geplant in die Batstadtbucht gelangen wollte. Doch der Boden war für meinen Bootswagen zu weich. Also zögerte ich nicht und paddelte die ganze Strecke zurück. Auf der Karte war der Wasserweg eingezeichnet, aber der Wasserspiegel war auch hier wegen der Trockenheit der vergangenen Jahre gesunken.
Am Ufer der Halbinsel Västnäset gab es längere Sandstrände und natürlich den Schärenfels. Ich legte an und erkundete die Gegend. Es gefiel mir hier und als ich ohne groß zu suchen sogar einen Sandplatz für mein Zelt zwischen den Felsen fand, schien mir der Platz sogar ideal für die Nacht. Die flache Schärenküste mit schönem Blick über den See hatte es mir wahrlich angetan.
Meinen Essensplatz suchte ich mir unter den Bäumen. Hier spannte ich sogar eine Schutzplane über Tisch und Stuhl auf. Aber es regnete nicht und so konnte ich ganz in Ruhe mein Abendbrot zubereiten, sammelte auch noch Preiselbeeren zum Nachtisch und beobachtete den See und die Wolken bis es dunkel war.
Diesmal hatte es die ganze Nacht geregnet. 9 Uhr morgens ließ der Regen nach. Als ich aus dem Zelt kam, hingen die Wolken noch tief über dem See.
Ich machte mich schnell fertig und frühstückte bei leichtem Nieselregen unter meiner kleinen Plane.
Ich musste das Zelt mehr oder weniger ins Boot packen und legte kurz vor 11 Uhr ab.
Es regnete nicht mehr, aber ich musste gegen einen starken Südwestwind anpaddeln. Ziel für heute war Lennartsfors.
Als ich an der Insel Fänadfjuset vorbei paddelte, kamen sofort aufgeregte Kanuten ans Ufer, die mir aber nicht zuwinkten, doch deutlich machten, dass sie hier allein sein wollten.
Der Wind hatte ein wenig nachgelassen, blies mir aber immer noch scharf entgegen, als ich die Trichtereinfahrt vor Lennartsfors erreichte.
Vorbei an schönen Holzhäusern und gepflegten Gärten ...
...erreichte ich gegen 13.30 Uhr den Campingplatz und die Kanu-Verleihstation von Lennartsfors. In der Station informierten sie mich darüber, dass die Schleuse des Dalslandkanals seit dem 23. August geschlossen war. Ich spielte mit dem Gedanken, mir für die kommende Nacht hier eine Hütte zu nehmen. Leider fand ich nichts passendes.
Also beschloss ich, mir anzuschauen, wie aufwendig das Umtragen meines Bootes sein könnte.
Hier müsste ich das Boot aus dem Wasser holen. Die Stelle schien mir passabel, aber danach ging es einen Sandweg bergauf, der wahrscheinlich vollen Einsatz forderte. Die Überquerung des Kanals geschah auf einer asphaltierten Straße, wobei es anschließend bergab ging zu einer winzigen Ablegestelle. Nach einer ersten Schätzung würde ich diesen 1 km langen Weg mindesten 4 mal hin und zurück gehen müssen.
Ich rang mich dazu durch, die Schleuse noch heute zu umtragen. 15 Uhr begann ich als erstes das Boot, unter das ich meinen eigenen Bootswagen geschnallt hatte, über die ganze Strecke zu ziehen und zu schieben.
Auf einem Kiesweg ging es bergauf. Hier musste ich einfach öfters anhalten. Da es an den Seitenrändern des Weges Unmengen von Preiselbeeren gab, versüsste ich mir die die Haltepausen.
Sonnenbaden, das ist es! Davon träumte ich auch, aber es half alles nichts, ich musste mich noch ordentlich abrackern.
Der Dalsland Kanal zur Schleuse. Obwohl er die Seen nur miteinander verbindet, wird das ganze Seengebiet als Dalsland Kanal bezeichnet. Hier zog ich das Boot über eine Asphaltstraße. Das müssen wohl nicht viele Kanuten machen, denn der Schleusenwärter kam alarmiert mit seiner Frau aus dem Wärterhäuschen und beobachtete mich misstrauisch. Ich tat unbeeindruckt und schaute mir in aller Ruhe den Kanal und daneben den Wasserzufluss zum See an. Die Stromschnelle wird Fors genannt und hat dem Ort den Namen Lennartsfors gegeben. Heute wird hier Strom gewonnen. Übrigens wenn im Sommer die Schleusen geöffnet sind, darf man das Boot nicht umtragen.
Die Packsäcke, die ich vorher ausgeladen hatte, um das Gewicht des Bootes zu vermindern, brachte ich auf dem Weg hierher zu 3 Haltepunkten, von denen aus ich die Säcke an diese Stelle trug. Nach dieser unsäglichen Arbeit hatte ich es 19.30 Uhr geschafft.
Ich musste noch alles im Boot verstauen und konnte erst kurz vor Dunkelheit ablegen. Die nächstgelegene Insel Griesholmen, hier links Mitte im Bild, war für heute abend mein Ziel..
Auf der Insel waren einige junge Leute, die in der Schutzhütte übernachteten. Sie hatten meine Ankunft bemerkt und waren heilfroh, dass ich mich nicht auch noch in die Hütte presste, sondern mein eigenes Zelt aufbauen wollte. Später luden sie mich zu ihrem Lagerfeuer ein. Als ich meinen Fotoapparat herausholte, war einer von den jungen Männern von meinem "tollen Gerät" so angetan, dass er mir seine Kleinflugdrohne zeigte und ausführlich erklärte. Erstaunlich was ich sah. Die Gruppe paddelte mit 3 Kanus auf den See und die Drohne filmte alles aus 50 m Höhe. Bis jetzt war ich nur Deutschen und keinen Schweden begegnet. Später ließ ich mir sagen, dass die Herbstferien in Schweden beendet waren.
Mein Zelt, das ich in der Dunkelheit aufbauen musste, stand gut geschützt in einer Mulde, die ihrerseits mit einer Wand von längsliegenden Holzstämmen den Wind aus Südwest abhielt. Welch Glück, aus dieser Richtung wehte er kräftig nachts auf die Insel.
Mein Gang zum Boot und zurück zum Zelt.
Mir kamen Zweifel, ob es Sinn macht, bei diesem starken Wind weiter zu paddeln.
Die jungen Leute hatte die Windschutzhütte gut gegen Wind und Regen abgedichtet.
Blick zurück zum Wasserwerk Lennartsfors. Das Boot hatte ich im Dunklen aus dem Wasser auf die Steine gehievt. Jetzt besichtigten es die jungen Leute und fingen an zu träumen, was man damit alles machen könne. Es war herrlich, ihnen dabei zuzuhören.
12.30 Uhr verabschiedete ich mich und steuerte als nächstes die Insel Tomten an.
Der Südwest blies so stark, dass ich kaum vorankam. Als ich die nächste Insel erreichte, musste ich eine Pause einlegen. Nach einer Stunde wagte ich tatsächlich noch einen Sprung zur nächsten Inselgruppe. Manchmal, vor allem bei starken Böen, musste ich mich zentimeterweise voran kämpfen. Schließlich war ich bei Ankunft "ausgepowert". Ich schaute mir die Insel genauer an, ob ich hier nicht doch über Nacht bleiben konnte.
Erstaunlich: Die Insel war "unbewohnt" und die Windschutzhütte nicht belegt.
Inmitten der Bäume wehte der Wind nur mäßig und so gab ich mir einen Ruck und baute hier mein Nachtlager auf.
Diesmal errichtete ich aus meinen 2 Planen einen Regen- und einen Windschutz. Hinter ihm konnte ich meinen Gaskocher in Betrieb nehmen und bereitete mir eine köstliche Nudelpfanne mit Pilzen. Der Windschutz war geradezu ein Segen. Immer noch wehte der Wind durch die Bäume und ich freute mich königlich über meine Schutzplanen.
Die Insel war nicht so groß, aber dennoch gab es einiges zu entdecken.
Am Westufer wehte der Wind ziemlich stark.
Diese kleine Kirche war nachts hell erleuchtet.
Stürmischer Wind. Wie ich später erfuhr, sind hier Westwinddriften häufig anzutreffen.
Am Abend spazierte ich noch auf meiner kleinen Insel herum bis die Sonne untergegangen war. Zur Nacht gab es wieder den obligatorischen Kakao-Rum-Trunk. Ich wickelte mich in meinen Schlafsack ein und lauschte noch eine ganze Weile wie der Wind um mein Zelt blies.
Auf meiner Lelang-See-Tour war es bis jetzt sehr windig gewesen und es schien sich heute 6.30 Uhr nicht viel zu ändern. Trotzdem wollte ich heute Gustavfors erreichen. Zelt abbauen und das ganze Equipment im Boot verstauen, ging mir immer leichter von der Hand. So konnte ich 10.15 Uhr abgelegen und paddelte auf der linken Uferseite des Lelang schnurstracks nach Süden.
Nach knapp 2 Stunden wechselte ich auf die andere Seite des Lelang Sees. Die Wolken ballten sich zwar etwas stärker zusammen, aber es blieb schön. So paddelte ich nicht weit vom Ufer entfernt an der Seeküste entlang und legte oft an schönen Stränden oder flachen Felsen an.
Dort fotografierte ich und suchte Preiselbeeren, deren bitteren Geschmack ich so liebte.
Auf diese Weise sprang ich von einem Kap zum nächsten. Da diese Küste sehr buchtenreich war, versuchte ich so oft es ging im Windschatten zu paddeln. Leider musste ich feststellen, dass der Starkwind gestern meine Karte von Bord geweht hatte. Nun navigierte ich nur mit meinem GPS, auf dem ich zumindest eine kleine Karte der Gegend sehen konnte. Probleme mit der Navigation hatte ich nicht, weil schon am Sonnenstand sah, wohin ich nach Süden paddeln musste.
Insgesamt hatte sich die Landschaft etwas verändert. Der reine Kiefernwald war einem Mischwald mit Birken und Erlen gewichen.
Auch gab es mehr flache Uferzonen mit größeren Sandstränden und ab und zu auch kleine Schilfgürtel, wie hier zu sehen. Mir gefiel es. Und ohne es groß zu merken, legte ich viele Kilometer zurück, sodass ich die Hoffnung hatte, heute noch Gustavfors zu erreichen. Dann wäre ich 24 km unterwegs gewesen.
Da meine Karte auf dem GPS zu klein war, konnte ich nicht immer zweifelsfrei erkennen, ob ich eine Insel oder doch nur eine Halbinsel vor mir hatte. So kam es, dass ich schon mal aus einer Sackgasse, wo große Steine die Durchfahrt versperrten, wieder heraus navigieren musste.
Besonders ärgerlich war es, dass ich nicht erkannte, vor Hallön links einzubiegen, um nach Gustavfors zu gelangen. So paddelte ich weiter um Hallön herum. Erst im letzten Moment erkannte ich an Hand eines unscheinbaren grünen Wasserzeichens, dass ich wohl hier nach einer Durchfahrt suchen musste.
Nach der Wasserenge, die man kaum für eine Zufahrt nach Gustavfors halten konnte, weitete sich der See. Noch einmal rechts um ein Kap und nun zeigten sich die Häuser am Hafen von Gustavsfors.
Gustavsfors ist eine typische Kleinstadt in Schweden. Kaum Häuser aber eine große Vergangenheit.
Ich sah eine Schleuse, eine kleine Marina, eine Brücke aber keine eigentliche Anlegestelle für Boote. In einem unscheinbaren Winkel gab es einen schwimmenden Anlegesteg, den ich dann auch nutzte. Ich traf auf den Besitzer des roten Hauses am Wasser. Auf meine Frage nach einem Zimmer führt er mich zu diesem herrlichen Raum. Es ist das Zimmer, dass sich hinter der neuen Mauer am linken Ende des roten Hauses unten verbirgt.
Hier hatte ich alles: Küche, Heizung, Bad und eine wunderbare Sicht auf den Hafen. Luxus für 50 EUR, den ich gerne mal annehme. Mein Zimmerwirt wies mich darauf hin, dass der ICA-Einkaufsmarkt, auch heute am Sonntag geöffnet habe und ich noch eine Viertelstunde bis zur Schließung Zeit hätte. Ich joggte sofort los und erreichte den Markt völlig abgehetzt 3 Minuten bevor er geschlossen wurde. Da in ganz Skandinavien, wie ich wusste, auf pünktliche Schließung der Arbeitsstätte streng geachtet wurde, blieb mir nicht viel Zeit zur Auswahl von Waren. Weintrauben, Mandarinen und ein Glas in Sherry eingelegter Heringssild waren alles, was ich ergattern konnte. Also gab es bei mir heute Abend Knäckebrot mit Heringssild, dazu eine Tasse Wasser-Kakao. Wie immer hat es herrlich geschmeckt.
Heute morgen endlich mal ein Fischfrühstück: Knäckebrot mit Heringssild und eine Tasse heißen schwarzen Kaffee. Ich ließ es mir gut schmecken und sinierte schon darüber nach, ob ich es vielleicht heute doch noch bis nach Bengtfors schaffen könnte. Doch es waren grob geschätzt mindestens 24 km. Eine ordentliche Portion Gegenwind könnte meine Absicht schnell zunichte machen. Aber ich versuchte es.
9.15 Uhr legte ich ab und freute mich über den klaren Morgen, die Windstille und den blauen Himmel. Das Boot glitt schnell voran. Die Farben der Natur leuchteten heute besonders kräftig. Ich atmete die kühle Luft, die hier stark nach Kiefernnadeln duftete, tief ein.
Vorbei ging es an einer aus einem Baum herausgeschnitzten Wassernixe. Bestimmt wird sie mir Glück bringen. Oder ist es eine Hexe? Denn sie hielt einen Reisigbesen in der Hand.
Nach knapp 2 Stunden flotter Paddelei legte ich eine kleine Rast an einem steilen Küstenfels an. Es herrschte fast Windstille und so lehnte ich mich zurück, schloss ein wenig die Augen und genoss die Wärme.
Auf obligatorischer Preiselbeersuche. Manchmal fand ich auch Blaubeeren.
Trotz des kräftigen Gegenwindes kam ich gut voran.
Langsam stieg meine Hoffnung, heute doch noch Bengtfors zu erreichen.
Eine hübsche Insel, die man aber nicht betreten durfte.
Nach der kleinen Pause paddelte ich auf der rechten Uferseite weiter.
Leider briste der Wind kurz vor meinem Ziel auf und ich kam nicht mehr so schnell voran. Ich paddelte auf die Insel Dalholmama zu, wurde aber vom Wind so stark abgetrieben, dass es mich weiter östlich in die Nähe des linken Ufers trieb. Ich hielt es nicht für möglich, dass der Wind noch so stark und ruppig werden konnte. Vielleicht waren es noch 4 km bis Bengtfors, aber dafür musste ich fast 2 Stunden kämpfen.
Als ich die linke Wasserstraße ins Zentrum der Stadt Bengtfors erreicht hatte, kamen mir Zweifel, ob ich über diesen Weg den Campingplatz überhaupt erreichen würde. Meine Kartendarstellung auf dem GPS war äußerst dürftig. Da hörte ich auf einmal ein kleines Motorsportboot auf der gegenüberliegenden Seite am Ufer entlang brausen. Neugierig hob ich den Kopf und sah gerade noch, wo es im grünen Dickicht verschwand. Da kam mir die rettende Idee. Sportboot und Campingplatz könnten zusammenpassen. Also zögerte ich nicht und paddelte auf die geheimnisvolle Stelle zu, wo das Motorboot verschwunden war. Eine Durchfahrt tat sich auf und daran anschließend ein weiter See.
Dort sah ich am anderen Ende des Sees stillgelegte Lastkähne und paddelte in der Hoffnung irgend etwas sehen zu können darauf zu. Siehe da, es gab einen Kanal und der führte unter einer Straße durch in einen weiteren See.
Kaum hatte ich die Durchfahrt passiert, da bereitete mir ein heftiger Wind ein herzliches Willkommen. Aber ich war glücklich, denn schon von Weitem konnte ich die Insignien eines Campingplatzes erkennen. Ich freute mich und landete hoch bewegt auf dem Sandstrand des Campingplatzes.
Die Rezeption musste ich suchen und dort den Campingwart anrufen. Ein älterer Mann, ein Kambodschaner kam und begrüßte mich außerordentlich freundlich. Er wies mir die Hütte Nr 3 zu und bot mir an, das Gepäck von meinem Faltboot mit seinem Pickup zur Hütte zu bringen. Ich war froh, dass alles so schnell ging und schlug zu.
Als ich in der geheizten Hütte saß und mir ein Abendessen zubereitete, kam eine große Ruhe über mich. Das war wohl das Ende meiner Tour. Nach meiner Schätzung hatte ich ca. 160 km zurückgelegt. Mit dem Wetter hatte ich viel Glück gehabt. Auch über meine Zelt- und Lagerplätze konnte ich nicht klagen. Wie oft habe ich auf meinem Stuhl gesessen und die Sonnenuntergänge bewundert. Schon wieder komme ich ins Schwärmen. Dabei wartet jetzt erst einmal Arbeit auf mich. Morgen werde ich mit dem Bus nach Ed fahren und mein Auto holen. Dann heißt es das Boot säubern und das ganze Equipment verpacken. Heute Abend gab es zur Feier des Tages wie schon so oft auf dieser Tour einen doppelten Rum-Kakao-Drink.
Am nächsten Morgen lief ich 20 Minuten zum Stadtzentrum nach Bengtfors und stieg dort in den Bus nach Ed ein. Von der Kanu-Verleihstation in Ed holte ich mein Auto ab und fuhr nach Bengtfors zurück. Der freundliche Kamboschaner transportierte auch noch mein halbleeres Boot zur Hütte. Ich buchte noch die 2. Nacht und machte mich umgehend an die Arbeit.
Und wieder hatte ich Glück! Es hatte aufgehört zu regnen solange ich Boot und Ausrüstung in meinen California packte.
Auf der Rückfahrt von Ed nach Bengtfors hatte ich mir ein gebratenes Hähnchen gekauft und das ließ ich mir an meinem letzten Abend gut schmecken.
Heute war Mittwoch der 9. September. Es regnete, als ob der Himmel weinen würde. Und so sah es auch in mir aus. Einerseits war ich glücklich über diese wunderbare Reise mit dem Faltboot auf den drei großen Seen im Dalsland, aber auch dass es wieder in die Heimat ging, andererseits bedauerte ich das Ende der Tour. Dann fuhr ich bei strömenden Regen nach Trelleborg. Mit der Fähre setzte ich in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag nach Rostock über und kam am Freitag abend wieder gesund am Bodensee an. Nicht lange danach schnellten in Deutschland die Infektionszahlen der Pandemie wieder in die Höhe. Ich war glücklich diese Reise gemacht zu haben, auch wenn sie mir jetzt wie ein Traum aus glücklichen Zeiten vorkam.
|